Was Leslie Kern bereits in ihrem 2019 erschienenen Buch „Feminist City: Claiming Space in a Man-Made World“ beschreibt, ist auch jetzt noch hochaktuell: Unsere Städte sind geprägt von patriarchalem Denken, unser Umfeld ist konstruiert für cis-Männer und deren urbane Bedürfnisse. Und der Grund, weshalb Frauen andere Wege in der Stadt bewältigen müssen, ist den traditionellen Geschlechterrollen und ihrer tiefsitzenden sozialen Verankerung zuzuschreiben.
So sind städtische Verkehrsnetze meist dafür konzipiert, die linearen Fahrten zur Rush Hour eines „typischen“ Büroalltags zu erleichtern. Frauen legen jedoch häufig Strecken zurück, auf denen verschiedene Zwischenstopps miteinander verknüpft werden müssen, die somit nicht linear sind. Dazu zählen Wege zur Kita, zum Supermarkt, zu Arztpraxen oder Freizeiteinrichtungen. Sie sind außerdem aufgrund der Kinderbetreuung stärker auf öffentliche Räume wie zum Beispiel Spielplätze oder Sanitäranlagen angewiesen. Auch Wege, die als gefährlich gelten für als weiblich gelesene Personen, tragen dazu bei, dass von ihnen Strecken, nachts oder in unsicheren Gegenden, nicht linear bewältigt werden können. Dass Umwege, die häufig mit zusätzlich eingeplanter Zeit einhergehen, in den Alltag integriert werden müssen. Und das nur, weil urbane Räume ihnen oftmals kein sicheres Umfeld bieten können. De facto nutzen Frauen zudem deutlich häufiger den öffentlichen Nahverkehr, das Fahrrad oder sind zu Fuß unterwegs, während Männer mehr Strecken mit dem Auto zurücklegen.
Auch die Rosa-Luxemburg-Stiftung NRW setzt sich mit den brennenden Fragen nachhaltiger und feministischer Mobilität auseinander: Wie kann es sein, dass unsere Städte, unsere Verkehrssysteme, für nur etwa die Hälfte der Bevölkerung entwickelt und gebaut werden? Dass Geschlechtergerechtigkeit und urbane Struktur viel zu oft nicht miteinander verknüpft werden? Kern spricht an dieser Stelle von einem „Patriarchat, das in Stein gemeißelt ist“ und bezieht sich dabei auf die wortwörtliche Installation patriarchaler Denkweisen in städtischen Strukturen. Die von der Stiftung kuratierte Podiumsdiskussion am 26. April erörtert, wie diese Strukturen aufgebrochen, reformiert, wie inklusiver gestaltet werden können.
Klar wird: Für eine nachhaltigere und ökonomischere Verkehrslösung ist eine feministische Planung unabdingbar. Gemeinsam mit dem Publikum setzen sich Bettina Mötting (Gleichstellungsbeauftragte), Dr. Nina Schuster (TU Dortmund), Prof. Dr. Joachim Schreiner (TU Dortmund), Anne Grose (FUSS e.V.) und Chiara Makowski (Frauenberatungszentrum Köln e.V.) mit der Vision und Umsetzung einer geschlechtergerechteren Verkwehrswende auseinander. Wie sähe zum Beispiel eine Zukunft der „15-Minuten-Stadt“ aus, die sich statt auf eines auf mehrere Zentren konzentriert und kurze Wege fördert? Im Vordergrund der Diskussion steht das Ziel, Menschen allen Alters und Geschlechts eine sichere und geschlechtergerechte Stadt und Verkehrsplanung zu gewährleisten. Moderiert wird die Gesprächsrunde im Bürgerzentrum Deutz von Andrea Oster.
Verkehrswende? Geschlechtergerecht! | 26.4. 18 Uhr | Bürgerzentrum Deutz | www.rosalux.de
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