Es ist das zwölfte und neueste Buch der Reihe „Emotionale Entwicklung für Kinder ab 5“, das im Loewe Verlag erschienen ist: Wie der Titel bereits andeutet, befasst sich die deutsche Kinderbuchautorin und Illustratorin Dagmar Geisler in „Gibt es Pflaster für die Seele?“ (September 2024 erschienen) mit dem Themenkomplex psychische Krankheiten. Auf den insgesamt 36 bunt bebilderten Seiten enttabuisiert sie diverse Störungen und Krankheiten in kindgerechter Sprache und auf Augenhöhe, indem sie (fiktiv) Betroffene zu Wort kommen lässt, einen Raum für Gespräche schafft und hilfreiche Tipps auflistet.
Von ADHS über Zwangs- und Angststörungen bis hin zur Depression beschreibt Geisler eine Auswahl bekannter mentaler Krankheiten. Sachlich und sprachsensibel erklärt sie zu Beginn des Buches, dass manche Krankheiten nicht direkt sichtbar sind, während sie zielgruppengerecht den Unterschied zwischen „Innen“ und „Außen“ verdeutlicht. Dabei nennt sie Begriffe wie „Seele“ und „Psyche“ und betont, wie wichtig es ist, sich therapeutisch behandeln zu lassen, wenn die Seele krank ist – genauso wie man sich ärztlich behandeln lässt, wenn der Körper streikt. Sie gibt Kindern und Erwachsenen, die von Waschzwängen, Erschöpfungszuständen oder Tics betroffen sind, unter einem Trauma oder an einer Essstörung leiden, literarisch eine Bühne. So sehen die jungen Leser:innen, dass psychische Krankheiten nichts sind, worüber man schweigen muss oder wofür man verurteilt werden darf. Vielmehr ermutigt die Autorin durch die zahlreichen Beispiele, die durch die Figuren in ihrem Buch alle ein Gesicht bekommen, dass es völlig in Ordnung und sogar wichtig ist, über Belastungen, Beeinträchtigungen, Störungen oder Krankheiten zu sprechen. Im Gespräch werden diese Themen leichter, das Teilen derselben enttabuisiert, Schamgefühle sowie Isolation und sozialer Rückzug können verhindert werden. Geislers farbenfrohe Illustrationen helfen dabei, dem Inhalt eine gewisse Leichtigkeit zu verleihen, wodurch er für die Zielgruppe ansprechender und nicht beängstigend wirkt.
Berührend beschreibt Dagmar Geisler auch die Gefühle von Angehörigen: Schuldgefühle, Wut, Ratlosigkeit – und natürlich der Wunsch, zu helfen. Gerade für Kinder kann es belastend sein, ein Elternteil leiden zu sehen, und so schultern sie schnell die Aufgabe, sich „perfekt“ zu verhalten, um keine zusätzliche Belastung darzustellen. Die Autorin erklärt an dieser Stelle, dass in solchen Fällen professionelle Hilfe notwendig ist, und dass es nicht die Verantwortung des Kindes ist, sich anzupassen oder gar eine Helfer:innenrolle zu übernehmen. Am Ende des Buches gibt sie wertvolle Tipps, wie man die Seele stärken kann, um herausfordernde Erlebnisse oder Phasen zu meistern, und liefert so mögliche „Pflaster für die Seele“. Der wertschätzende und ehrliche Ton, in dem ihr Kindersachbuch geschrieben ist, bildet eine ideale Grundlage für weiterführende Gespräche und Fragen.
Dagmar Geisler: Gibt es Pflaster für die Seele? | Loewe Verlag | ab 5 Jahren | 36 S. | 11,99 Euro
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