Wer ist sie, die „vom Weg abgekommene“ Frau, diese „La Traviata“, die bei Giuseppe Verdi Violetta Valéry heißt? Eine Idealisierung der Kesselflickerstochter aus der Normandie, Marie Duplessis, die mit 23 Jahren als Pariser Edelkurtisane an Tuberkulose starb und der Alexandre Dumas ein literarisches Denkmal setzte? Das gefühlsreiche Porträt einer lebenslustigen Frau, die der romantischen Krankheit par excellence, der Schwindsucht, zum Opfer fällt, als sie zum ersten Mal wahre Liebe fühlt? Eine Sünderin, die Verdi zur Heiligen verklärt?
Oder schreibt Verdi ein Sozialdrama aus seiner Gegenwart, eine Anklage bigotter bürgerlicher Moral – deren Folgen er im Zusammenleben mit seiner späteren Frau Giuseppina Strepponi selbst erdulden musste? Vielleicht ist „La Traviata“ aber mehr als das alles: Ein Liebesmythos, den Verdi in einer konkreten gesellschaftlichen Situation erzählt und in dem er die Liebe mit dem Tod verknüpft, wie es Richard Wagner unter ganz anderen Vorzeichen in „Tristan und Isolde“ getan hat.
An der Oper Wuppertal wird ab 26. Februar der Regisseur und Ausstatter Nigel Lowery auf diese Fragen an ein unsterbliches Werk des Musiktheaters zu antworten haben. „La Traviata“, eine der meistgespielten Opern Verdis, war bisher nur konzertant in der Historischen Stadthalle zu erleben. Lowery hat seine Karriere als Bühnenbildner begonnen und u.a. den „Ring des Nibelungen“ an der Londoner Covent Garden Opera ausgestattet. Seit mehr als 25 Jahren ist er auch als Regisseur tätig, so in London, München, Stuttgart, Mannheim und an vielen anderen Opernhäusern. In Wuppertal inszenierte er bisher den Olympia-Akt aus Jacques Offenbachs „Hoffmanns Erzählungen“ und – wegen der Hochwasserschäden im Opernhaus – in Leverkusen die deutsche Erstaufführung von Salvatore Sciarrinos „Il canto s’attrista, perché?“
Die Titelpartie in Verdis „La Traviata“ übernimmt Ralitsa Ralinova, die derzeit in der Neueinstudierung von Verdis „Rigoletto“ als Gilda Triumphe feiert. Ihr Tenorpartner ist Sangmin Jeon als Alfredo. Simon Stricker ist als Giorgo Germont zu erleben. Die musikalische Leitung der Premiere hat der Erste Kapellmeister Johannes Witt.
La Traviata | 26.2., 5.3., 2.4., 6.5., 4.,11., 23.6. | Oper Wuppertal | 0202 56 37 666
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