Wenn es möglich ist, mit zehn Jahren am Konservatorium zu studieren, mit 15 im Orchester zu sitzen und mit 18 als freier Musiker zu gelten, dann trägt die Gesellschaft die Kunst als akzeptierte Basis eigener traditioneller Werte. Anouar Brahem, Jahrgang 1957, hat die klassische arabische Musik erlernt, „ein bisschen so wie in der europäischen Klassik“, meint der Oud-Spieler, der zuletzt beim Multiphonics-Festival in unserer Region als Geheimtipp in einem Kirchenkonzert auftauchte. Jetzt kehrt Brahem als afrikanischer Star mit teilweise legendären Jazzmusikern in die Kölner Philharmonie ein: zum regen Austausch zwischen westlicher und orientalischer Improvisationskultur.
Da sind klaffende Unterschiede zwischen den Musikstilen zu überwinden. So kennt die klassische arabische Musik keine Polyphonie, die Klassik der letzten Jahrhunderte lebt davon. Halt gibt der orientalischen Komposition der Maqâm, ein Gerüst aus festgelegten Skalen, die nicht unserem wohltemperierten Fundus entlehnt sind, sondern den Raum zwischen zwei Noten im Oktavabstand ganz individuell auch in mikrotonalen Intervallen beschreiten. Wie im indischen Raga heißt das: Lernen, Lernen, Lernen – wie das Aneignen einer sehr komplexen Sprache.
Auch wenn Brahem betont, das am Ende des Tages doch der Maqâm bei seinen Kompositionen mitbestimmt, muss er in seinem Projekt „Blue Maqams“ dem Blue Respekt zollen. Durch das Hören des berühmten „Köln Concert“ von Keith Jarrett kam er einst zum Jazz und zum Klavier, einem Instrument, das sich eigentlich dank seiner unerbittlichen Grundstimmung gegen die Skalen seiner Heimat wendet. Aber er fand ein Rezept für die Überwindung aller Hindernisse. Brahem: „Ich begann, nach den besten Spielern für meine Musik zu suchen!“
Ein Enfant terrible der Improvisierten Musik mit englischem Humor und einer Sucht nach Abwegigkeit ist sicherlich Django Bates, ein Mann des Zuhörens und des Einfühlens. Zum Besten am Kontrabass zählt Dave Holland, dessen einstündiges Solokonzert in der Kölner Philharmonie als Gradmesser für Virtuosität und Fantasie auf vier Saiten über Jahrzehnte eingebrannt hat. Der Miles-Drummer Jack DeJohnette, Jahrgang 1942, wird auf der Tour durch Nasheet Waits ersetzt, geprägt von seinem Mentor und ebenfalls Miles-Drummer Max Roach. Ein Quartett der offenen Ohren erwartet die Musikfreunde, eine sinnliche, oft einlullende, stille Musik: Der Klang der Oud weht friedlich über das Mittelmeer.
Anouar Brahem | Sa 23.3. 20 Uhr | Kölner Philharmonie | www.koelner-philharmonie.de
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