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Die Wachsfabrik in Köln-Rodenkirchen
Foto: Jeannette de Payrebrune

Zwischen Kultur und Kommerz

16. Juni 2019

Der Streit um die Kölner Wachsfabrik – Spezial 06/19

1912 wurde sie als Fabrik für Wasch- und Bleichmittel erbaut: Die Wachsfabrik im Kölner Süden. Bevor sie zum Kunstzentrum für verschiedene Ateliers und Künstler wurde, war sie abwechselnd Produktionsort für Munition und Schnaps – und ab 1945 dann Ort der heute noch namensgebenden Wachs- und Kerzenherstellung. Bis 1979 der Maler und Kunsterzieher Michael teReh die teilweise leerstehende Fabrik mietete und den hinteren Teil mit weiteren Künstlern auf eigene Kosten zu Wohn- und Arbeitsateliers ausbaute. Nach der vollständigen Stilllegung der Fabrik wurde auch der vordere Teil bis 2012 von der Stadt Köln angemietet – die Stadt unterstützt aber auch weiterhin das Tanz- und Performance-Netzwerk „Barnes Crossing“, das auf dem Gelände angesiedelt ist. In den Räumlichkeiten der alten Fabrik findet ein vielfältiges Programm aus Ausstellungen, Theaterproduktionen und Workshops statt.

Aber jetzt droht der Kulturoase „für Kommerz aus der Stadt getrieben zu werden“ – so formuliert es jedenfalls die Online-Petition „Rettet das Kunstzentrum Wachsfabrik“, die Anfang April gestartet wurde und bis jetzt knapp 3000 Unterstützer fand – weitere 2000 fehlen zum Erfolg. Dort heißt es, dass „die Betreibergesellschaft plant aus dem Zentrum ein Gewerbegebiet zu machen“. Die Petition richtet sich an den Kulturausschuss der Stadt Köln. Ins Leben gerufen wurde sie von Gerd Conrads, Vorsitzender des Vereins „Kölner Kultur-Paten“, der als Privatperson die Fabrik unterstützt und die Petition online gestellt hat.

Ende April wurde den Künstlern des hinteren Teils des Fabrikgeländes gekündigt – sie hatten 1990 einen „Gesellschaft bürgerlichen Rechts“-Vertrag (GbR) mit Wohnrecht mit den Vermietern abgeschlossen. Laut Jeannette de Payrebrune, Künstlerin und Sprecherin der GbR Kunstzentrum Wachsfabrik, sei der GbR zwar mündlich Einzel-Gewerbeverträge angeboten worden, allerdings wären sie verbunden mit einer deutlichen Mieterhöhung, die sich die Künstler nicht leisten könnten. Die Anwohner widersetzten sich der Kündigung, sodass nun am 1. Juni eine Räumungsklage ausgestellt wurde. Der Anwalt der GbR sieht zwar gute Chancen, dass sie nicht rechtskräftig wird, jedoch gibt es jetzt die Sorge bei den Künstlern der hinteren Ateliers, dass die Fabrik ganz abgerissen würde. Laut Pressemitteilung der Wachsfabrik würde in der Klage deutlich die Absicht ausgedrückt, die Gebäude abzureißen, denn die „alten Gebäude seien für den Vermieter nicht mehr wirtschaftlich“. Er plane modernen Wohnraum mit Tiefgaragen.

Eine Lösung könnte das Eingreifen und Mitwirken der Stadt Köln sein, an die sich die aktuelle Petition richtet. Die Anwohner hoffen mit ihrer Hilfe leichter einen Kompromiss mit den Vermietern zu finden, jedoch erklärt Barbara Foerster, Leiterin des Kulturamts Köln, dass „die Stadt Köln nicht direkt auf privatrechtliche Verträge einwirken“ könne. Trotzdem unterstützt sie den Erhalt der Fabrik: „Wir haben mit einem Letter of Intent für die Künstlerinnen und Künstler, die von der Kündigung betroffen sind, signalisiert, dass wir als Kulturförderer die Wachsfabrik als sehr wichtigen Atelierort – auch gerade im Kölner Süden – bewerten. Wir hoffen sehr, dass sich dieser privatrechtliche Streit gütlich lösen lässt. Diese gütliche Einigung wollen wir mit unserem Schreiben unterstützen.“

Durch den Abriss der Wachsfabrik ginge nicht nur eines der ältesten Kunstzentren in Köln verloren, sondern auch die Gemeinschaft, wie sie in der Wachsfabrik entstanden ist. Als „Große Familie“ bezeichnet de Payrebrune das Leben dort – „und das will man nicht aufgeben“. Die Künstler der Wachsfabrik erklärten, dass sie „sich im Rahmen der Gespräche ausdrücklich in allen Punkten verhandlungsbereit zeigen, solange das Kunstzentrum langfristig erhalten bliebe“.

2019 feiert die Wachsfabrik ihr 40-jähriges Bestehen als Kunstort in Köln und plant im Herbst eine große Sonderausstellung mit früheren und aktuellen Künstlern. Daneben gibt es aber auch andere Angebote sich einen Eindruck zu machen: Jeden ersten Sonntag im Monat ist der Kunstsonntag, an dem von 14 bis 18 Uhr einige Ateliers geöffnet haben und besichtigt werden können.

Kunstzentrum Wachsfabrik | Industriestraße 170, 50999 Köln | www.kölner-wachsfabrik.de | Online-Petition

Katja Egler

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