choices: Herr Kaleyta, wer schreibt bei euch die Texte und wer ist für den religionskritischen Impetus verantwortlich wie in „Die Maschinen laufen heiß“, wo es heißt: „Religionen versagen, sie sind chronisch labil“?
Timon-Karl Kaleyta: Die Texte schreibe alle ich und ich mag Religionen nicht besonders und verstehe es nicht, wenn die Leute an irgendeinen metaphysischen Wahnsinn glauben. Ich würde das auch immer bekämpfen. Ich bin radikaler Atheist. Ich finde es peinlich, es ist ein Ausweis von Schwäche an Metaphysik zu glauben. Ich hatte schon mit acht oder neun Jahren ein Erweckungserlebnis. Ich weiß das noch ganz genau. Das kann doch alles nicht sein, dachte ich, es gibt so viele Religionen, im besten Fall könnte nur eine Recht haben, die anderen hätten demnach Unrecht, weshalb es eher wahrscheinlich ist, dass alles Blödsinn ist. Astrophysik und Physik ist viel spannender. Religion ist Komplexitätsreduktion, nichts anderes und soll die Welt verstehbar machen, wo sie nicht verstehbar ist, wo sie traurig und unnütz ist. Die Welt, das Leben, sind aber nun mal so..
Eure Texte werden häufig als dadaistisch bezeichnet. Was für ein Konzept steckt dahinter?
Das ist schwierig zu beantworten. Ich schreibe alles nur assoziativ und nach einer gewissen Wortästhetik. Ich würde niemals irgendetwas ausdrücken wollen. Ich will den Leuten nichts mitteilen, keine Botschaften übermitteln wie ‚Die Welt ist so schlecht’. Das interessiert mich nicht. Es muss alles ungreifbar sein, nur dann macht es für mich Sinn. Aber es ist nicht dadaistisch, ich kann jeden einzelnen Satz unterschreiben. Ich weiß nur nicht, was es insgesamt bedeutet. Aber es ist nicht beliebig. Wie bei einem guten Buch, das mehr weiß als der Autor, ist das auch bei einem Lied.
Wie viele Auftritte spielt Ihr mittlerweile im Jahr?
Es ist ein hartes Geschäft. Wir haben bis jetzt 40 Gigs gespielt in diesem Jahr, es kommen noch elf und parallel schreiben wir am neuen Album, von dem zwei Songs fertig sind. Wir haben auch ein Video zu unserer Single „Du & ich“ gedreht, in Madrid, das ist meine große Liebe. Ich habe noch diverse Traumata aufzuarbeiten gehabt, da ich schon zweimal an dieser Stadt gescheitert bin. Sie ist hart, groß und unerbittlich, nicht so ein romantischer Kitsch wie Barcelona, dieser ganze Gaudí-Blödsinn. Madrid ist eine harte, harte Betonstadt. Mitten im Zentrum in der Wüste. Im Sommer drei Monate 42 Grad. Das ist der Horror, aber ich musste da noch mal hin.
Seit wann gibt es ‚Susanne Blech’ überhaupt?
Das hat in der Form 2004 angefangen, aber als reiner Gag. Ich bin kein Musiker, ich kann ja nichts. Ich kann kein Instrument spielen, ich kann nicht mal singen, ich schreibe Texte und brülle diese dann raus. Ich frage mich immer, wann der Schwindel auffliegt. Richtig, aber noch langsam, ging es aber mit dem ersten Album 2008 los („Deutsche Renaissance – Ein Kanon“, Label: Z-Music, die Redaktion), und mit dem zweiten Album sind wir auf dem Radar von vielen Leuten erschienen. Jetzt warten wir mal ab, was passiert.
Sie sagten, sie gingen nicht auf Festivals. Was ist mit Konzerten?
Eigentlich gehe ich auch da nicht hin, wenn ich ehrlich bin. Ich interessiere mich nicht für Musik. Ich kokettiere ein bisschen damit, aber ich bin kein Musikfreak. Das letzte Konzert auf dem ich war (und nicht, weil ich seit zehn Jahren in der Musikbranche tätig bin und einfach so hingehen konnte), muss unendlich lange her sein. Aber ich bin ein großer Sade-Fan. Wenn ich auf ein Konzert gehen würde, dann auf ein Sade-Konzert. Da ist es auch ruhig, da kann man gemütlich sitzen.
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