In der lokalen Jazzgeschichte entstand im ganz neuen 2012 in Kölns Stadtgarten ein unbekannter „Energieort der Musik“, so beschrieb die Künstlerische Leiterin Angela Niescier das erste „winterjazz köln“-Festival, das in der ersten Auflage einen gewaltigen Erfolg verbuchen konnte.
„Das ganze Haus ist voller Musik auf verschiedenen Bühnen“, schwärmte bereits im Vorfeld Matthias von Welk, einer der Künstlerischen Leiter in diesem einst brandheißen Spielort der Szene der Improvisierten Musik. Ideen und Aktivitäten, wie sie die in Köln lebende Saxophonistin Angelika Niescier nach einem Besuch des Winter-Jazzfestes in New York mit nach Hause brachte, sind hier sehr willkommen. Auch wenn der scheidende Kulturdezernent schon öffentlich den Plan eines Kölner Jazzfestivals formulierte und der WDR nette Ansätze zu einem solchen Event tatsächlich realisiert, die bewusste Konzentration auf die anerkannt erstklassigen heimischen Kräfte wird sich ein „Festival“ mangels Werbewirksamkeit nur schwerlich auf die Fahnen schreiben. Anders nun der Ansatz von Angelika Niescier: „Mir ist klar geworden, wie wichtig es ist, Energien zu bündeln, zusammenzuführen und als Szene Aussagen zu treffen, auch Stellung zu beziehen.“
Das geschah recht deutlich. 13 Formationen und Projekte von Kölner Musikerinnen wie Anne Hartkamp, Laia Genc, Ulla Oster, Christina Fuchs und natürlich Angelika Niescier und Kollegen wie Peter Kahlenborn, Jens Düppe, Clemens Orth oder André Nenzda spielten zeitlich versetzt auf drei Bühnen im Stadtgarten. Damals erklärte Niescier: „Wir glauben daran, dass unsere Musik gesellschaftliche Relevanz hat und verstehen „winterjazz köln“ als erstes Statement“ – diesem folgt nun ein zweites.
Winterliche Gefühle beschlichen die Jazzfreunde Anfang des Jahres 2012, die dem multimedialen Aufruf zum ersten „Winterjazz“ in den Kölner Stadtgarten gefolgt waren. In den langen Schlangen vor den Zugängen oder auf den Außenplätzen als Zaungäste vor den Fensterscheiben wurde es bedenklich kalt. Das Publikum zum Winterjazz war wie eine unerwartete Riesenwelle über dem Stadtgarten zusammen geschlagen.
„Erwartet hatten wir schon eine Menge Leute, aber nicht so früh“, meinte Reiner Michalke vom Stadtgarten damals mit Blick auf die Uhr. Zwanzig Minuten nach Anpfiff des Musikspektakels waren die verschiedenen Konzerträume schon nicht mehr erreichbar geschweige denn begehbar. Trotzdem drängten zunächst immer mehr Menschen nach, bis der absolute Stillstand der Masse erfolgte. Das Zauberwort dieses Events hatte sich wohl in Hochgeschwindigkeit über das Stadtgebiet verbreitet: Eintritt frei!
Nur mit geschickter Strategie und genügend Ortskenntnis waren trotzdem musikalische Eindrücke zu erhaschen. So passte die urbane Geschäftigkeit in den komplexen, harmonisch dicht bepflanzten Stücken der Kölner Saxophonistin Angelika Niescier und ihrem Bandprojekt „sublim“ wunderbar zu dieser Rushhour des „Billig“-Kulturtourismus. Die Einschaltquote stimmte in Köln, die „Kultur des Hörens“ blieb aber auf der Strecke.
Das soll jetzt anders werden. Falls der Stadtgarten wieder in die Grätsche geht, existieren diesmal mit dem „Zimmermann´s“ und „Zum scheuen Reh“ zwei neue, fußläufige Spielorte. Der energetischen Bündelung folgt also nun das Strahlen in die Breite, wieder mit der Creme der in und um Köln operierenden Musikkünstler der Szene. Das Programm mit seinen diesmal 15 Bands wird auf einer eigenen Festival-Webside bestens dargestellt.
"winterjazz köln"-Festival | 4.1.2013, ab 18.30 Uhr | www.winterjazzkoeln.com | Eintritt frei
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