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Die Trashpop-DJs fachen die Euphorie selbst an
Foto: David Kaufmann

Der Charme von Trash

01. Mai 2010

Gefragt: Die entscheidende gute Idee - Popkultur in NRW 05/10

Egal, wie schlecht es um die Kultur im Ruhrgebiet bestimmt ist, wie viele Theater und Schwimmbäder von der Schließung bedroht sind – in einem anderem Segment herrscht schon seit Jahren Konjunktur: dem der Großraumdiscos. Privatsender drehen Dokutainment im Delta Music Park, für einen Besuch in der Turbinenhalle kommen die Tanzwütigen von sehr weit her. Es muss scheinbar nur groß und mächtig genug aussehen, um als wertig wahrgenommen zu werden. Keine guten Voraussetzungen für kleinere Clubs, die versuchen, mit geschmackvollem Programm ein sogenanntes „Special Interest“-Publikum anzulocken. Wie in manch anderem Kultursegment auch ist die Dichte solcher Clubs in dieser Region im Vergleich zu anderen bundesdeutschen Metropolen nicht besonders groß, die Vernetzung mangelhaft. Erfolg lässt sich so nicht planen, man muss ein Stück weit Glück haben.

Glück hatten offenbar die Macher der Essener Partyreihe Trashpop. Das Glück, mit ihrem Konzept dezidiert auf trashige Popmusik zu setzen, dabei aber nie auf Niveau zu verzichten und unter Partygängern einen Nerv getroffen zu haben. Die monatliche Party, die zunächst in der Tempelbar stattfand und später ins Hotel Shanghai umzog, ist jedes Mal sehr gut besucht bis übervoll und erreicht nicht selten den Grad an Euphorie, an dem die Party eine eigene, magische Dynamik annimmt. Angefangen habe es als normale Indie-Party, sagt Jan Schüler, einer der zwei Gründer. Sein Kompagnon Jona Steinbach begann irgendwann damit, peinliche Lieblingslieder ins Set einzustreuen, so ist die Idee irgendwann aus sich selbst erwachsen. Heute ist Trashpop ein Markenzeichen, zumindest in einer bestimmten Partyszene des Ruhrgebiets. Denn auch wenn es das Motto nahelegt – zu einer konturlosen Massenveranstaltung ist Trashpop nie geworden.

„Es liegt von allem am richtigen Club“, meint Schüler. Er dürfe nicht zu groß sein, die Ironie einer solchen Veranstaltung müsse noch durchkommen. Außerdem ist es wichtig zu spüren, welche Songs hinter ihrem trashigen Gewand eigentlich schön und welche bloßer Mist sind. Schüler und Steinbach verzichten dabei auf Definitionen und verlassen sich ganz auf ihr Gefühl. Blümchen, 2Unlimited und deutscher HipHop, klassische Charts-Themen der 90er Jahre gehen immer. Auf reinen Schlager haben die beiden hingegen keine Lust. Es ist dabei das feine Augenzwinkern, das die Essener Trashpop von den zahlreichen, tatsächlich völlig trashigen Nachahmer-Partys im ganzen Bundesgebiet unterscheidet, der spürbare, aber kaum zu definierende Style beim Mitgrölen von Bon Jovi und Roxette. Ein Gefühl dafür haben inzwischen die Kölner entwickelt. Sie importierten die Trashpop auch in ihre Stadt, wo sie nun monatlich in der Werkstatt stattfindet. Auch das mit guten Zukunftsaussichten: Trash geht der Popmusik schließlich nie aus.

Christian Steinbrink

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