In Bochum hat der 1976 in London geborene Lucas Gregorowicz viele Jahre gelebt, Schauspiel studiert und sich in seinem Beruf die ersten Sporen verdient. Nach Rollen in den Schauspielhäusern in Bochum und Köln hat er sich auch in Film und Fernsehen einen Namen gemacht. In „Lammbock“ und „Das Wunder von Bern“ war er dabei, in „Unsere Mütter, unsere Väter“ und als Kriminalkommissar Adam Raczek im „Polizeiruf 110“. Nun spielt er unter der Regie von Sönke Wortmann einen Schauspieler mit Wurzeln in Bochum, der zur Beerdigung seines Vaters in die alte Heimat zurückkehrt. „Sommerfest“ ist ab dem 29. Juni bundesweit in den Kinos zu sehen.
choices: Herr Gregorowicz, haben Sie sich ein Stückweit in ihrer Figur Stefan wiedererkennen können?
Lucas Gregorowicz: Leichte Parallelen gibt es ja immer, aber hier gibt es die große Parallele, dass der Film in Bochum spielt, wo ich jahrelang gelebt habe. Das ist schon eher ungewöhnlich, dass man einen Film dreht über die Stadt, aus der man kommt und die man liebt. Und dann ist Stefan auch noch Schauspieler, das ist die zweite Parallele (lacht). Da weiß man dann auch schon, über was man redet. Das war’s aber auch schon mit den Gemeinsamkeiten.
Gibt es auch bei Ihnen wie bei Stefan eine Stadt, die Sie einmal gut kannten, und die Ihnen nun fremd geworden ist – eventuell sogar Bochum?
Fremdgeworden nicht, aber ich glaube auch nicht, dass Bochum Stefan fremd geworden ist. Wenn man in die Stadt zurückkommt, aus der man kommt, und zwischenzeitlich lange weg war, dann ist man eher selbst der Fremde. Bei mir wäre diese Stadt auch Bochum, aber ich hatte immer wieder Kontakt, dadurch, dass meine Familie und meine Eltern dort leben. Deshalb habe ich Bochum nie aus den Augen verloren. Aber es ist klar, die Städte verändern sich natürlich, wobei das bei keiner Stadt so schnell geschieht wie bei Berlin. Aber auch in Bochum gibt es Ecken, wo man überrascht ist, was dort aufgepoppt ist.
Sie haben in Bochum Schauspiel studiert und lange Jahre am Schauspielhaus gearbeitet. Würden Sie die Stadt als Ihre künstlerische Heimat bezeichnen?
Ja, total. Ich habe dort viel Theater gespielt und bin in der Stadt überhaupt erst auf die Idee gekommen, den Beruf des Schauspielers zu ergreifen. Wenn die Theatersituation damals unter Leander Haußmann nicht so gewesen wäre, wie sie war, hätte ich wahrscheinlich auf der Ferse umgedreht, wäre wieder rausgegangen und hätte mir was Anderes überlegt. Das war damals schon ausschlaggebend für mich. Und dann hat mir auch die Technik vom Bochumer Schauspielhaus ein Berufsethos verpasst, nämlich das, dass alles irgendwie zusammengehört und dass man zusammen an einem Film oder einem Theaterstück arbeitet und dass man als Schauspieler nicht über den Dingen thront. Die Technik im Schauspielhaus hat da schon aufgepasst, dass man nicht abhebt. Und das ist mir geblieben, insofern ist Bochum schon meine Wurzel. Bochum ist nicht nur eine Stadt, sondern ein Zustand (lacht). Man trifft im Berufsleben immer wieder Leute, die von Bochum geprägt sind. Schauspieler und Regisseure, die damals klein waren, und jetzt erfolgreich im Beruf sind. Man kann lustigerweise ganz viele Leute nach Bochum zurückverfolgen, auch wenn die dort gar nicht geboren sind, aber viele haben dort angefangen zu arbeiten, und tun es jetzt immer noch.
Also wirklich prägende Jahre durch das Schauspielhaus Bochum...
Absolut, aber das Schauspielhaus war damals so ein Monolith, der inmitten der Stadt steht, der einfach die ganze Stadt angezogen hat. Es waren sowieso alle da, mit 19 oder 20 Jahren spielte sich alles im Schauspielhaus ab, egal ob es Konzerte waren, Discos, Clubs, Theaterabende, oder einfach nur Abenteuer. Es roch nach Schicksal, das hatte eine unglaubliche Strahlkraft.
Wie groß war der Einfluss des „Sommerfest“-Romanautors Frank Goosen auf die Dreharbeiten, war er vor Ort mit dabei?
Ja, er war dabei, aber Frank hatte großes Vertrauen zu Sönke Wortmann und uns, dass wir das gut machen. Ich kann nichts über seine Zusammenarbeit in der Drehbuchphase sagen, aber während des Drehs war er wohlwollend dabei und hat sich gefreut. Er hat im Film ja auch einen kleinen Auftritt. Ich kenne ihn schon seit Ewigkeiten, seit er mit Jochen Malmsheimer „Tresenlesen“ auf der Kortumstraße gemacht hat. Deswegen war das nun auch ganz lustig, ihm so wiederzubegegnen. Wir haben sogar mit ihm zusammen in seinem Keller Fußball geschaut während der Dreharbeiten.
Stefan schallt immer wieder der Spruch ‚Müsste man Dich von irgendwoher kennen?‘ entgegen – Sie selbst dürften da mittlerweile deutlich populärer sein...
Nein, das geht mir genauso! Immer noch. Neulich erst: ‚Ich kenn Dich aus dem Fernsehen‘… Den Satz höre ich wirklich öfter. ‚Ich kenn Dich entweder als Nachrichtensprecher oder aus dem Dschungel-Camp, eins von beiden.
Was würden Sie tun, wenn Sie eine Wiederbegegnung mit Ihrer ersten Jugendliebe hätten?
Ich habe so etwas nicht, ehrlich gesagt. Aber es gibt natürlich Gabi von der Tischtennisplatte, aber das war keine Liebe, das war nur sexuell. Ich war elf, sie war eine ältere Frau, sie war 13. Aber sie war nicht zu retten. Ich wollte ihr helfen, denn sie war klebstoffabhängig, da konnte man nicht viel machen. Außerdem hatte sie einen furchtbaren Klamottengeschmack, immer so neonfarbene Tanktops und neonfarbene Turnschuhe. Und sie hat schwer geraucht, damals schon. Wahrscheinlich ist sie mittlerweile tot, es besteht keine Gefahr, meine erste Jugendliebe zu treffen. Sie hat sich totgeschnüffelt und totgeraucht (lacht).
Ihre Rolle heißt schon wieder Stefan, wie zuvor bei Christian Zübert, sogar bei Rudolph Jula in „Cattolica“ und bei Peter Thorwarth im kleinen Auftritt in „Goldene Zeiten“. Ist das so eine Art Alter Ego?
Lustig, ja, eigentlich dürfte ich nur noch Rollen annehmen, in denen ich Stefan heiße. Purer Zufall, ich habe keine Ahnung. Irgendwie ist das schon seltsam, aber ich habe mir darüber bislang noch keine Gedanken gemacht.
Mit Christian Züberts „Lammbock“ sind Sie damals bekannt geworden, nun waren Sie gerade mit seiner Fortsetzung „Lommbock“ in den Kinos. Kann man den Komödienstil von Zübert und den von Sönke Wortmann miteinander vergleichen?
Nein, das kann man nicht vergleichen. Lustigerweise hat Sönke ja nicht nur „Sommerfest“ inszeniert, sondern auch „Lommbock“ koproduziert, genau wie damals „Lammbock“. Deswegen kommt alles schon irgendwie aus derselben Ecke und aus einem Guss. Aber wie sich die beiden als Regisseure unterscheiden, kann ich nicht beschreiben, dazu müsste man beide kennen. Sönke ist erfahrener als Christian, aber wie sich das äußert, kann ich nicht in zwei Worten beschreiben. Das wäre ein Thema für einen Workshop, für eine Fachrunde oder ein schauspielerisches Quartett – Gott, wer will das sehen?
Sie haben jahrelang eher fürs Fernsehen gearbeitet, das hat sich jetzt mit „Schrotten!“, „Lommbock“ und „Sommerfest“ wieder geändert. War das eine bewusste Entscheidung hin zum Kino?
Die drei Filme der Heimkehrer-Trilogie… Könnte man doch so nennen, denn alle drei Filme stehen ja unter dieser Prämisse. Damit ist das Thema durchdekliniert. Es hängt natürlich davon ab, was mir angeboten wird. Was ich selbst gut finde, möchte ich gerne machen. Ich habe da aber nie eine Grenze gezogen zwischen Film und Fernsehen. Man macht Dinge ja aus den unterschiedlichsten Gründen, weil man mit den Leuten zusammenarbeiten möchte, weil das Drehbuch gut ist, weil’s gerade passt oder weil man einfach Geld braucht. Dass das nun drei Kinofilme hintereinander waren, hat sich glücklicherweise so ergeben.
Passen da auch noch Ihre musikalischen Ambitionen mit der Band „Bad Boy Boogiez“ hinein, oder ist das Projekt eher auf Eis gelegt?
Das ist zurzeit leider auf Eis gelegt. In erster Linie aus zeitlichen Gründen, denn man ist ja kein Musiker, wenn man das nicht voll und ganz macht. Meine Prioritäten liegen da einfach auf der Schauspielerei.
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