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Weiß nicht nur mit der Machete umzugehen: Danny Trejo in „Machete Kills“.
Foto: Film

„Ich würde sogar einen Baum spielen“

28. November 2013

Danny Trejo über „Machete Kills“, die Filmambitionen seiner Kinder und kalifornische Gefängnisse – Roter Teppich 12/13

Wer ihn einmal gesehen hat, vergisst ihn nicht. Der pockennarbige Danny Trejo mit seinen zahlreichen Tattoos sieht nicht nur aus wie ein Krimineller, sondern saß tatsächlich zehn Jahre seines Lebens im Gefängnis. Seit rund 30 Jahren ist er in Hollywood auf die harten Kerle abonniert, hat in „Lock Up“, „Heat“, „Con Air“, „Halloween“ und „Grindhouse“ mitgewirkt. Die ironische Brechung seines Tough Guys im Film „Machete“ war so erfolgreich, dass er nun mit der Fortsetzung „Machete Kills“ in die Kinos kommt.

choices: Mr. Trejo, Sie haben hier nun schon zum sechsten Mal Machete gespielt. Haben Sie eine spezielle Beziehung zu dieser Figur entwickelt?
Danny Trejo:
Ja, gar keine Frage! Robert Rodriguez hatte die Idee für diese Figur bereits 1994, als wir „Desperado“ drehten. Er schaute mich dabei immer ganz durchdringend an. Ich fragte ihn, was das Problem sei, und er antwortete: „Ich habe da die Idee für eine Figur, die wie Du aussieht und Deine Stimme hat. Dafür müsstest Du nichts weiter tun, als nur da zu stehen.“ Es hat mir immer eine Menge Spaß gemacht, mit Robert zusammenzuarbeiten. Und bei „Spy Kids“ sagte er dann, ‚lass uns den Kerl Onkel Machete nennen’. Und als wir dann „Grindhouse“ drehten, brauchten wir dafür den falschen Trailer und drehten einen mit Machete, ohne zu wissen, ob daraus wirklich mal ein richtiger Film werden würde. Die Leute, die sich „Grindhouse“ anschauten, wollten anschließend alle „Machete“ sehen. „Machete“ war ja auch das Beste an „Grindhouse“ (lacht).

Ist es denn nach all diesen Filmen noch schwierig, wieder in die Rolle zu finden?
Nein, ich habe diese Rolle niemals abgestreift! Es ist nicht so, dass ich Menschen mit einer Machete umbringe, aber ich war schon immer ein Fan von Charles Bronson und Clint Eastwood und seinem „Dirty Harry“. Das sind alles Männer, die nicht viele Worte verlieren, und genau so ist auch Machete. Und ein bisschen bin ich wohl auch so. Ich philosophiere nicht groß über Dinge herum, ich versuche einfach, meinem Herzen treu zu bleiben. Machete ist jemand, der deiner Mutter hilft, wenn sie krank ist. Aber wenn jemand in dein Haus einbricht, dann macht er die Kerle kalt. Ein bisschen würden wir uns wohl alle so verhalten, deswegen mag ich die Figur so gerne.

Machete Kills“ ist ein sehr witziger und sehr alberner Film. Entspricht das auch Ihrem eigenen Humor?
Für Robert und mich ist „Machete“ eine Art Cartoon für Erwachsene. So wie Wile E. Coyote und der Roadrunner. Beep, beep…und crash, wenn ihm ein Safe auf den Schädel kracht. Das ist tragisch, aber im Cartoon wird es dann komisch. Bei Machete ist es das Gleiche. Zisch… und die Köpfe von drei Kerlen kullern über den Boden, bub, bub, bumm. Ich erinnere mich daran, dass sich meine Mutter unbedingt „Machete“ anschauen wollte, worüber ich zunächst gar nicht begeistert war. Aber ich nahm sie mit. In der ersten Szene, in der ich den Kopf des Typen abschlage, begann sie zu lachen! Sie hatte es verstanden. „Machete“ ist anders als diese schrecklichen, überflüssigen Filme, bei denen 25 Leute in die Luft gejagt werden und alle bis unters Kinn bewaffnet sind, „Machete“ ist lustig. Und deswegen ist er für mich wie ein Cartoon für Erwachsene.

Haben die „Machete“-Filme für Sie auch eine politische Aussage?
Die Menschen können aus allem eine Bedeutung herauslesen. Bei „Arielle – Die Meerjungfrau“ ging es um die Verschmutzung des Meeres, und dennoch war es ein Zeichentrickfilm! Man kann nehmen, was man will. Wir haben es als Cartoon für Erwachsene angelegt, es sollte ein witziger Film werden. Ich denke, das ist uns gelungen. Die Leute werden Spaß haben, sich den Film anzuschauen.

Wie war es, mit den Muppets zu drehen?
Es war umwerfend! Dazu fällt mir eine Geschichte ein. Ich bin in England und drehe den Film „Muppets Most Wanted“. Es sind noch drei oder vier Tage zu drehen, als meine Mutter in Amerika stirbt. Ich mache mich bereit für eine vorzeitige Abreise und rufe meine Sekretärin an. Die sagt mir aber, dass sie sich zunächst um alles Notwendige kümmern werden und ich erst zurückkommen soll, wenn ich den Film abgedreht habe. Also blieb ich in England und viele Leute kamen auf mich zu und sagten mir, wie leid ihnen das mit meiner Mutter täte. Und ich überraschte mich selbst damit, wie gut ich das alles wegstecken konnte. Ich hielt mich wacker, bis dieser verdammte kleine grüne Frosch, Kermit, auf mich zukam und mit gequetschter Stimme und zusammengedrücktem Maul zu mir sagte: „Dan, das mit Deiner Mutter tut mir wirklich leid.“ Da war’s vorbei mit mir, der Frosch und ich drückten uns und ich fing an zu heulen (lacht). Ich liebe Kermit einfach, das ist nun mein neuer Held! Ray Liotta hat auch an dem Muppets-Film mitgewirkt. Der hatte damals bei den Dreharbeiten zu „GoodFellas“ seine Mutter verloren. Er kam rüber, umarmte mich und sagte: „Ich verstehe Dich, Mann!“ Bei diesem Film haben sich einige wirklich gute Freundschaften entwickelt. Auch Tina Fey ist einfach fantastisch. Wenn Sie diesen Film sehen werden, werden sie sterben vor lachen. Danach hält man mich sicherlich nicht mehr für einen Macho (lacht).

Sind Ihre Kinder alt genug, um sich Ihre Filme anzuschauen?
Oh ja. Meine Tochter ist 23, mein Sohn ist 25, und mein älterer Sohn ist 32. Meine Tochter hat sich „From Dusk Till Dawn“ schon angesehen, als sie gerade mal sechs Jahre alt war! Und sie hat es geliebt. Zuerst sah sie ganz ruhig da und schaute sich den Film an. Dann kam die Szene, in der sie mich im Film töten, auf einem Billardtisch, und meine Augen in die Poollöcher kullern. Zunächst war sie sehr ruhig, und dann sagte sie: „Wow…das war so cool!“

Interessieren sich Ihre Kinder auch für das Filmgeschäft?
Mein Sohn produziert derzeit gerade einen Film, bei dem er auch Co-Regie führt, „Snapshot“ mit Frankie Latina. Die beiden sind schon lange befreundet, und als wir „Machete“ drehten, spielte mein Sohn den Künstler, der Daryl Sabara hinterher geht und zeichnet. Meine Tochter spielte das kleine Mädchen, das mit dem Maschinengewehr herumballert. Als wir jetzt „Machete Kills“ drehten, wollten wir Gilbert wieder eine Rolle darin geben. Aber er bat Robert darum, ihm am Set auf die Finger schauen zu dürfen, während er den Film inszeniert. Und das hat ihm Robert dann auch gezeigt. Für seinen eigenen Film „Snapshot“ haben sie die Finanzierung über Kickstarter gestemmt. Ich selbst habe vor langer Zeit einen Film mit dem Titel „My Father’s Flag“ geschrieben, bei dem es um einen Kriegsveteranen aus Vietnam geht. Den habe ich wieder hervorgekramt und Gilbert angeboten, diesen zu verfilmen. Er wird dabei Regie führen und ich werde ihn produzieren. Wir werden damit beginnen, sobald ich wieder zurück in Amerika bin.

Sind Sie unter die Produzenten gegangen, um Projekte realisieren zu helfen, die Ihnen am Herzen liegen?
Ich möchte einfach nur, dass meine Kinder einen Fuß in die Tür bekommen. Der einfachste Weg, beim Film Erfolg zu haben, ist, wenn der Vater Filmstar ist. Warum sollte ich also nicht Produzent werden und ihnen helfen, ihre Träume zu verwirklichen.

Haben Sie einen Lieblingsschauspieler, mit dem sie schon zusammengearbeitet haben?
Ja, ich liebe Robert De Niro! Er ist einfach ein unglaublicher Mann und Schauspieler. Ich erinnere mich, als wir „Heat“ zusammen gedreht haben. Mein Sohn war damals ungefähr neun Jahre alt und hat mich mal am Set besucht. Wir trafen Robert De Niro und ich habe die beiden einander vorgestellt. Dann ging De Niro auf ihn zu und sagte: „Hi, Gilbert, ich bin Robert.“ Und mein Sohn erwiderte: „Du laberst mich an? Du laberst mich an?“ Robert war schockiert, und ich war schockiert! Ich fragte ihn, wo er diesen Film gesehen hatte und er sagte: „Auf dem Comedy Channel.“ Jeder, der De Niro imitiert, bedient sich immer bei dieser Szene aus „Taxi Driver“. Und von da an mochten sich die beiden.

Sie sind unglaublich viel beschäftigt, drehen manchmal zehn oder mehr Filme im Jahr. Langweilen Sie sich sonst schnell oder sind Sie einfach vor der Kamera am glücklichsten?
Ich liebe einfach, was ich tue! Meine Agentin ist stets darum bemüht, mir viel Arbeit zuzuschanzen, da ist sie sich mit meiner Buchhalterin einig. Denn immer, wenn ich nicht arbeite, kaufe ich mir wieder ein neues Auto. Deswegen schanzen Sie mir immer wieder viel Arbeit zu (lacht). Ich habe schon acht alte Autos zuhause, alle tiefergelegt und beim Fahren rauf- und runterfedernd. Ich liebe einfach meine Arbeit. Es macht mir Spaß, morgens aufzustehen und zum Arbeiten zu fahren.

Würden Sie gerne einmal eine Rolle spielen, die niemand von Ihnen erwartet?
Egal was, ich würde es gerne tun! Ich würde einen Baum spielen, wenn man das verlangen würde. Und für etwas mehr Geld, würde er sogar Früchte tragen (lacht). Ich würde alles spielen. Es gab vor langer Zeit mal einen Film mit Marlon Brando. Nicht, dass ich mich in irgendeiner Weise mit Brando vergleichen würde, aber er spielte in „Viva Zapata!“ den mexikanischen General Emiliano Zapata während der Revolution. Marlon Brando war einfach umwerfend in dieser Rolle. Ich würde gerne mal so etwas spielen, aber dafür bin ich wohl mittlerweile zu alt, denn Brando war damals in seinen Dreißigern oder Vierzigern.

Viele Schauspieler recherchieren für Ihre Rollen. Haben Sie das bei Machete auch gemacht?
Nein, ich bin nur am Set erschienen und habe losgelegt. Meistens sind die Figuren, die ich spiele, nicht allzu weit von mir selbst entfernt. Das kann ich aus dem Stegreif machen. Ich glaube auch kaum, dass mich jemand als Wissenschaftler oder Babysitter besetzen würde. Aber wenn doch, würde ich auch das gerne übernehmen.

Hat Sie das Leben auf der Straße darauf vorbereitet, ein besserer Schauspieler zu werden?
Um einen Schurken darzustellen, war das sicherlich die ideale Voraussetzung. Eine der wichtigsten Lehren aus der Art, wie ich aufgewachsen bin, liegt darin, dass ich das Heute zu schätzen gelernt habe. Ich habe das Recht eingebüßt, mich beschweren zu dürfen. Als wir die Serie „Burn Notice“ in Miami drehten, herrschten ungefähr 44° Celsius und 90% Luftfeuchtigkeit. Man konnte uns förmlich Wasser atmen sehen und jeder beschwerte sich, schwitzte und war ärgerlich. Ich saß nur da und zog mein Hemd aus, weil es zu warm war. Der Regisseur fragte mich, worüber ich mich zu beklagen hätte, und ich sagte ihm, dass ich mich über gar nichts beklage, was ihn sehr verwunderte. Dann zeigte ich mit dem Finger auf fünf Männer am anderen Ende der Straße, die auf einem Hausdach saßen und Nägel einhämmerten. Dann sagte ich: „Die können sich über was beschweren, ich nicht.“ Wenn ich schwitze, dann kommt jemand, der mir die Schweißperlen von der Stirn tupft. Ich habe das Recht verloren, mich zu beschweren. Ich bin in einer privilegierten Situation.

Was wäre aus Ihnen geworden, wenn Sie kein Filmschauspieler geworden wären? Vielleicht ein Sozialarbeiter?
Ich war ja Sozialarbeiter, Drogenberater. Und bin es noch. Ich arbeite noch immer für Western Pacific Med Corp., das ist ein Rehabilitierungszentrum, wo Drogenabhängige entwöhnt werden. Mittlerweile kümmere ich mich eher um deren politische Angelegenheiten. Wenn sie ein Gesetz durchgebracht bekommen möchten, und ich mache eine Menge PR-Arbeit für sie. Beratungen führe ich nicht mehr so häufig durch. Ich bin nun besser dafür geeignet, mit Senatoren für Fotos zu posieren, von denen wir möchten, dass sie etwas für uns tun.

Glauben Sie, dass jeder eine zweite Chance verdient hat, oder haben Sie auch hoffnungslose Fälle kennengelernt?
Ich würde sagen, dass 5% der Insassen in kalifornischen Gefängnissen es verdient haben, dort zu sein. Wenn man heute alle nicht-gewalttätigen Drogendelinquent aus dem Gefängnis entlassen würde, würde die Zahl der Gefangenen schätzungsweise um 40% zurückgehen. Eine Menge Menschen sitzen lediglich aus politischen Gründen ein. Wenn jemand wegen Besitz von drei oder vier Packen Kokain fünf Jahre Gefängnis erhält, ist das meiner Meinung nach dumm. Ein Drogenentzugsprogramm würde ihm viel besser tun.

Interview: Frank Brenner

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