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Weiß um seine Attraktivität: Joseph Gordon-Levitt als moderner Don Juan in „Don Jon“.
Foto: Presse

„Ich habe mein Leben mit Filmen verglichen“

31. Oktober 2013

Joseph Gordon-Levitt über „Don Jon“, erste Regieerfahrungen und Scarlett Johansson – Roter Teppich 11/13

Als Kinderstar stand Joseph Gordon-Levitt schon mit sieben Jahren vor der Kamera („Dark Shadows“). Mittlerweile zählt der 1981 in Los Angeles Geborene dank seiner Auftritte in „(500) Days of Summer“, „Inception“, „The Dark Knight Rises“ oder „Lincoln“ zu den großen Shooting Stars Hollywoods. Nach einigen Kurzfilmen hat er sich mit „Don Jon“ nun einen Traum erfüllt und nach eigenem Drehbuch einen Film inszeniert, bei dem er auch die Titelrolle übernommen hat. Im November startet der Film in unseren Kinos.

choices: Mr. Gordon-Levitt, Ihr Film erzählt von einem Pornosüchtigen und den Vorzügen von Pornos im Vergleich zu echtem Sex. Da scheint sich jemand Gedanken gemacht zu haben. Wie haben Sie sich in solch eine Person hineinversetzt?

Joseph Gordon-Levitt: Es ist die Geschichte von einem Kerl, der so stark von den Medien, die er konsumiert, beeinflusst wird, dass er das wahre Leben mit diesen Idealvorstellungen vergleicht, die er aus den Medien kennt. Auch ich persönlich habe, wie ich zugeben muss, eine Menge Zeit damit verbracht, mein eigenes Leben mit Filmen zu vergleichen. Und ich glaube, dass mir das nicht immer sehr bekommen ist. Daher stammt die Idee zum Film. Ich selbst habe mehr Gemeinsamkeiten mit der Figur, die Scarlett Johansson spielt, als mit der, die ich im Film spiele, ob das nun ein Vor- oder Nachteil ist. In diesem Film geht es um Archetypen. Er soll gar kein ernsthaftes und konsequent realistisches Bild entwerfen. Das ist eher mit einem Tarantino- oder Coen-Brüder-Film vergleichbar oder mit „Dr. Strangelove“. All das sind Filme, die ihre Ansichten mit den Mitteln der Satire oder durch Übertreibungen zum Ausdruck bringen.

Wann haben Sie sich entschlossen, Filme zu inszenieren? Sind Sie schon als Kind mit einer Super-8-Kamera herumgelaufen?

Zu meiner Zeit war es eine High-8-Videokamera, Super-8 war ein bisschen vor meiner Zeit (lacht). Aber ich wünschte, ich hätte eine Super-8-Kamera gehabt, das wäre großartig gewesen! Ich habe schon immer mit Kameras und technischen Geräten gespielt, und schon als Kinderdarsteller habe ich mich bei den Dreharbeiten dafür interessiert, was der Regisseur dabei macht. Als ich 21 wurde, habe ich mir zum Geburtstag „Final Cut Pro“ geschenkt, eine Videoschnittsoftware. Und damit habe ich mir selbst beigebracht, wie man schneidet. Das gefiel mir wahnsinnig gut, und das hat sich bis heute nicht geändert. Es ist so befriedigend und unterhaltsam, denn mit dem Schneiden erzählt man Geschichten auf visuelle Weise, bei dieser Technik erwacht die eigentliche Gestalt des Kinos zum Leben. Nachdem mir das einen solchen Spaß bereitete, war ich fest entschlossen, irgendwann einmal einen eigenen Film zu drehen.

War Ihnen die Schauspielerei nicht genug oder waren Sie unzufrieden mit dem hierarchischen System und wollten nun Ihr eigener Boss sein?
Ich war nicht unzufrieden, mich interessierten einfach all die verschiedenen Facetten des Filmemachens, vom Soundtrack bis hin zur Kameraarbeit. Und ich wollte eine Geschichte erzählen, die meinem eigenen Kopf entsprungen war. Meine Arbeit als Schauspieler liebe ich, es ist großartig, mich durch die Interpretation des Materials von anderen ausdrücken zu können, aber es ist etwas anderes, eine eigene Geschichte erzählen zu wollen und das dann auch tatsächlich durchzuziehen.

Sie haben die eigene Internetplattform hitRECord, und „Don Jon“ ist eine hitRECord-Produktion. Wie hängt das miteinander zusammen?

hitRECord ist eine offene Gemeinschaftsproduktionsgesellschaft, zu der jeder etwas in den Gemeinschaftsprojekten beitragen kann. Wir machen Kurzfilme, Musik, Videos, Bücher und vieles mehr. Ich wollte schon immer einen langen Spielfilm machen. Aber für mich war es wichtig, zunächst einen Film auf die althergebrachte Weise zu inszenieren, mit der ich aufgewachsen war, bevor ich einen solchen Film als Gemeinschaftsproduktion in Angriff nehme. Deswegen ist „Don Jon“ noch auf die klassische Weise entstanden. Es ist eine hitRECord-Produktion, weil ich ihn gemacht habe, und weil das der Name meiner Produktionsfirma ist.

Ist hitRECord ein Sprungbrett für junge kreative Leute, die ins Geschäft einsteigen wollen, um damit später einmal Geld zu verdienen?

Damit wir uns nicht falsch verstehen: Wir bezahlen die Künstler für das, was sie auf unserer Plattform tun! Sobald unsere Projekte Geld abwerfen, teilen wir das Fifty-fifty zwischen der Produktionsgesellschaft und den Künstlern, die daran beteiligt waren. Damit kann zwar bislang noch niemand seinen Lebensunterhalt verdienen, aber es gibt schon einige herausragende Beispiele. Der Künstler wirrow initiierte das Projekt “Tiny Stories” (Kleine Geschichten), für das wir einen Vertrag mit dem HarperCollins-Verlag abschließen konnten. Dort sind nun schon zwei Bücher mit dem Titel „The Tiny Book of Tiny Stories“ erschienen und wirrow hat sich damit schon einen Namen gemacht. Er hat auch an „Don Jon“ mitgearbeitet, bei dem er die Flashanimationen auf der Leinwand entworfen hat. Auch andere Mitarbeiter der hitRECord-Gemeinschaft haben am Film mitgearbeitet, nicht durch den Gemeinschaftsprozess, sondern durch ihre individuelle großartige Arbeit. Ein Musiker namens Kampaign hat einige der Songs des Soundtracks interpretiert, und ein weiterer Musiker mit dem Pseudonym Krrr, der eigentlich Keir Schmidt heißt, hat dem Komponisten Nathan Johnson bei der Orchestrierung des Scores assistiert. Ich hoffe, dass unsere Plattform ein Weg ist, um Künstlern Türen zu öffnen und ihnen Arbeit zu vermitteln.

Sie haben mit so vielen herausragenden Regisseuren als Schauspieler zusammengearbeitet. Haben Sie sich nun bei Ihrem Regiedebüt an einige Dinge erinnert, die Sie von denen aufgeschnappt haben?

Auf jeden Fall! Meine Erfahrungen bei der Zusammenarbeit mit den verschiedenen Regisseuren waren für meine Arbeit an diesem Film elementar. Chris Nolan habe ich beispielsweise bei den Dreharbeiten von „The Dark Knight Rises“ davon erzählt, dass ich einen eigenen Film inszenieren will. Er hat mich dazu sehr ermutigt, allein schon durch die Tatsache, dass er mich ernst genommen hat. Von da an hat er mich immer auf Dinge hingewiesen und mir gesagt, wie er diese beim Drehen in Angriff nimmt. Vieles davon waren kleine technische Details, Nolan ist ein brillanter technischer Filmemacher. Und ins Filmemachen fließen eine Million kleiner technischer Details ein, von denen man gar nicht annehmen sollte, dass sie in den Aufgabenbereich des Regisseurs fallen, und dennoch muss er sich darüber seine Gedanken machen. Rian Johnson war ein weiterer Regisseur, der mir bei diesem Prozess enorm geholfen hat. Er hat „Looper“ und „Brick“ geschrieben und inszeniert. Er war derjenige, der den ersten Drehbuchentwurf von mir zu lesen bekam. Als er mir danach sagte, dass das wirklich gut sei, war das für mich ein echter Wendepunkt, da ich zuvor nur für mich alleine vor mich hingeschrieben hatte. Als Rian mich ermutigte, wusste ich zum ersten Mal, dass die Idee auch auf andere wirkte und entschloss mich, das Projekt wirklich durchzuziehen und den Film zu drehen.

Haben Sie als Schauspieler auch gelernt, was man als Regisseur auf keinen Fall machen darf?

Alle meine Lieblingsregisseure haben die Balance gefunden zwischen der Vision, die sie umsetzen wollen, und der Bereitschaft, sich auf neue Ideen einzulassen. Sie wissen, wann sie an alten Ideen festhalten und wann sie sich neuen Ideen gegenüber öffnen müssen. Das ist meiner Meinung nach der springende Punkt, um ein guter Regisseur zu sein. Solche Entscheidungen muss man den ganzen Tag immer wieder aufs Neue fällen. Alle drei Regisseure, mit denen ich unmittelbar vor „Don Jon“ zusammengearbeitet habe, Christopher Nolan, Rian Johnson und Steven Spielberg, beherrschen diesen Balanceakt auf vorzügliche Weise. Sie kommen mit klaren, gut durchdachten Visionen ans Set, aber alle drei ermutigen alle anderen Künstler um sie herum dazu, ihre eigenen Ideen einzubringen, und sind offen, Neuem gegenüber, das sich spontan entwickelt. Bei Steven hat es mich sehr oft erstaunt, dass er auf Vorschläge von Schauspielern eingegangen ist und daraufhin ganze Szenen neu drehen ließ. Nicht einfach mit der Handkamera, sondern als perfekte Spielberg-Einstellung, deren perfekte Einrichtung normalerweise stundenlang dauern kann. Aber er machte das, weil etwas Neues passiert war und er sich dafür entschieden hatte, dieses Neue in seine Arbeit einfließen zu lassen. Nicht jedes Mal hat er sich auf so etwas eingelassen, aber genau diese Entscheidungen machen einen starken Regisseur aus.

Stimmt es, dass Sie Scarlett Johansson schon im Sinn hatten, als Sie die Rolle geschrieben haben?

Ja, ich schrieb die Figur der Barbara mit Scarlett im Hinterkopf! Ich hätte mir gar keine andere Schauspielerin in der Rolle vorstellen können, auf einer Skala von eins bis zehn ist sie ganz klar eine Zehn (lacht)! Ich habe ihre Arbeit als Schauspielerin schon immer bewundert. In einem Sketch für „Saturday Night Live“ hat sie ein Mädchen aus Jersey gespielt, was wahnsinnig komisch war. Die Komik dort war natürlich um einiges grobschlächtiger als in unserem Film, aber mir gefiel, wie gut sie den Akzent hinbekam und wie lustig sie sein konnte. Und ich mag es wirklich sehr, wenn Schauspieler etwas anderes machen, als man bisher von ihnen gewohnt war, wenn sie Rollen spielen, die anders sind als sie selbst. Deswegen hielt ich sie für ideal in der Rolle. Und das war sie dann ja auch, sehr charmant, sehr lustig und ganz anders, als man es von ihr gewohnt ist.

Frank Brenner

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