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Jazzmusiker am Boden
Foto: Presse

Amis feiern den „J-Day“

29. März 2012

Die deutsche Jazzszene wirkt aufgemischt - Musik in NRW 04/12

Die UNESCO, die in diesem Jahr den ersten „International Jazz Day“ ausruft, bringt den aktuell heiß diskutierten Zustand der Jazzmusik in einer allgemeinen Formulierung folgender Maßen auf den Punkt. „Dass immaterielles Kulturerbe bedroht ist, hat viele Gründe: Prozesse der Globalisierung und des gesellschaftlichen Wandels, Migration oder Phänomene wie Intoleranz, aber auch fehlende Mittel, um das Erbe zu bewahren.“ Herbie Hancock heißt einer der Botschafter der UNESCO, die sich schützend vor Dinge stellt, die eines Schutzes bedürfen. Den Jazz zählen sie jetzt dazu.

In Deutschland hat ein Artikel in der Süddeutschen das nationale Süppchen der aktiven Jazzgemeinde zum Brodeln gebracht. Ein Saxophonist hat es mal richtig krachen lassen und über Dozenten, Veranstalter, Journalisten und Musikfunktionäre eine große Karre Schweineseiche ausgekippt. Heute müsse man schon mit dem Redakteur eines Senders „befreundet“ sein, um eine Produktion zu erlangen, in der dann „Projekte“ mit Redakteuren oder Veranstaltern „entwickelt“ würden, wobei die Redakteure und Veranstalter oft selbst gescheiterte Musiker wären, die ihre Ideen jetzt auf diesem zweiten Bildungsweg realisieren könnten usw. … Das liest niemand gern, nicht die Musiker und nicht die Geldverwalter öffentlicher Mittel, obwohl mir als Beobachter der Szene sofort mehrere Kölner Konstellationen vor dem inneren Ohr aufziehen, die genau so funktionierten – aber das ist ja nicht die Regel, Herrschaften, nur eine harmlose Amigo-Kultur. Dann wettert er weiter, auch die Dozenten der Hochschulen seien meist praxisuntaugliche Hochschulblüten – damit kann er allerdings am Rhein gar nicht punkten. Und dann folgt noch eine Abrechung mit der „groove- und humorfreien Musik“, die – weil sie niemand versteht, noch hören will – als große Kunst deklariert wird. Davon genoss ich als berufsinteressierter Konzertgänger in den vergangenen Jahrzehnten mehr als eine verträgliche Dosis – in Köln liegt das Zentrum dieser Spielart.

Damit pinkelte Michael Hornstein, so heißt der Holzbläser, wirklich allen ans Bein und weckte die Geister, die er rief. Mehr als hundert Musikanten unterschrieben einen Gegenentwurf. Reiner Michalke, mehr „Kulturpolitiker“ als Stadtgarten-Chef und Moers-Macher, schrieb eine Replik und verwies darauf, dass fehlende Subventionen heute durch Gagenverzicht der Musiker kompensiert werden müssten – ein unwürdiger Zustand. Er zitierte als Kenner die berüchtigten 84 Opernhäuser in Deutschland, die selbst gerade kämpfen.

Der Traditionsverein „Union Deutscher Jazzmusiker“ formierte sich neu und schaltete auf Angriff. Nach dem wunderbaren „Winterfestival“ und dem unerklärlichen „Sturm auf den Stadtgarten“ mit 2.000 Unbewaffneten, die sich damit durch Überfüllung der Räume selbst den Abend vermiesten, sind die Jazzer wie aus einer Trance aufgewacht. Es ist, als hätte der Musikus aus München nachträglich in dieses erregte Wespennest gestochen: Die immer wieder von den engagierten Musikern als „lebendig, vielfarbig und spannend“ geschilderte Jazzszene formiert sich für einen starken Jazz in Deutschland. Und wir wollen in der Region erleben, ob die Jazzszene am „J-Day“ zum 30. April in NRW wahrnehmbar wird – sonst bemerkt diesen Tag nämlich niemand!

www.udj.de
I Termin am 30.3., Ort unbekannt

Olaf Weiden

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