Ganz frisch bestätigt sich das bereits lange schwelende Gerücht, dass Reiner Michalke, Kölner Stadtgarten-Urgestein und langjähriger Impresario beim Festival in Moers, eine neue Triennale erhalten soll. „Abseits des Mainstreams“ will er sein Programm siedeln, 2023 soll es starten, 2020 gebe es bereits „einen Teaser“. Ein knappes Milliönchen darf Michalke direkt neben dem Rhein versenken, getoppt mit einer neuen Kulturhalle, ein neues „Festspielhaus“ wie vor Jahren in Moers. Wir dürfen gespannt sein, wie die immer ausgefallene und für das breite Publikum eher unverträgliche Programmkost den Monheimern schmecken wird. Aber Monheim soll das neue „Kassel“ der zukunftsorientierten Musik werden – ein schöner Traum.
Allerdings bleibt festzustellen, dass der lange totgesagte deutsche Freejazz sehr lebendig wirkt. Heroen des jungen Michalke spielen im Oktober gleich mehrfach in NRW. Der Altmeister des erweiterten Schlagzeugs, Günter „Baby“ Sommer, feierte just seinen 75. Geburtstag und ist nun zu Gast in Bochum. Seit mehr als fünfzig Jahren krabbelt er um sein Schlagzeug herum und betrommelt alles, was Klang macht. Er ist ein Pionier des Freejazz, und seine Biografie lässt kein Auge trocken. So absolvierte er seine Hochschulprüfung in der DDR auf Töpfen und Kisten, weil kein Instrument vorhanden war.
Drei Tage später gastiert Theo Jörgensmann in Essen, eine Woche nach seinem Siebzigsten. Der Klarinettist beeinflusste die zweite Phase der deutschen Improvisatoren, er wird jetzt für sein Lebenswerk ausgezeichnet: Für den Sohn eines Kneipenwirts in Bottrop dürfte die Verleihung des „Jazz Pott“ eine ganz besondere Ehre bedeuten.
„150 Jahre Jazz“ zählen in diesem Jahr Aki Takase und Alexander von Schlippenbach zusammen. Letzterer fällt in die erste Phase des Freien Jazz in Deutschland, er gründete die entscheidenden Jazz-Orchester Globe Unity und das Berlin Contemporary, ein halbes Jahrhundert tourt er mit seinem Trio. Die bezaubernde Lady an seiner Seite (auch im wirklichen Leben) stammt aus Osaka und trat Anfang der Achtziger mit einem unvergessenen Handkanten-Powerklavier in die deutsche Szene. Ihr gehören 70 Jahre der zuvor genannten Summe, sie erhielt gerade den Jazzpreis Berlin. Freuen wir uns auf die letzten ihrer Art: Das wächst nicht nach.
3.10. 20 Uhr: Baby Sommer im Bahnhof Langendreer (Bochum) | 6.10. 20 Uhr Jörgensmann im Grillo-Theater (Essen) | 11.10. 20 Uhr: Takase/Schlippenbach im domicil (Dortmund)
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